Artikel in “Schule leiten”:

Grenzen der Prävention von wiederholter Gewalt im System Schule abbauen

Aus: Schule leiten (Nr. 39/2025) 
Autor: Simon Huck

Warnsignale nicht mehr übersehen!

Gewaltprävention an Schulen findet ihre Grenzen oft in mangelnder Dokumentation und dem Zusammenführen von Beobachtungen. Ein Gewaltpräventionstrainer entwickelte eine digitale Lösung, die Vorfälle systematisch erfasst, Informationen bündelt und Lehrkräfte mit evidenzbasierten Materialien unterstützt.

Sina (Name geändert) wurde schon länger aufgrund ihres Hobbys geärgert. Immer wieder gab es vereinzelte Sprüche von den Klassenkamerad:innen. Verschiedene Pausenaufsichten haben es für sich immer mal wieder registriert zuletzt im Pausenraum, als es draußen regnete. Nach einer kurzen, sofortigen Intervention durch die beobachtende Lehrkraft hatte sich das Thema für diese erledigt. Ihre Einschätzung: Kommt häufiger vor, dass passiert den ganzen Tag. Da sich die Personen vor der Lehrkraft sofort entschuldigten, erfolgte keine Weiterleitung der Information. Ein paar Tage später erlitt Sina dann einen psychischen Zusammenbruch im Sportunterricht. Niemand hätte damit gerechnet. In den folgenden pädagogischen Konferenzen wird jedoch schnell klar: Das war nicht das erste Mal und verschiedene Fachlehrkräfte hatten schon vor dem Vorfall wiederholt Sticheleien beobachtet.

Diese Geschichte wurde mir erst kürzlich im Rahmen unserer Gewaltpräventionsarbeit an einer Schule zugetragen. Mit unserer an der Leuphana Universität gegründeten Organisation GEGEMO unterstützen wir mit Gewaltpräventionsprogrammen Schulen in der präventiven Arbeit. Denn: Gewalt und Mobbing sind ein fester Bestandteil des Schulalltags (s.a. Kasten). Präventionsprogramme werden daher bereits von vielen Schulen angeboten. Doch die Geschichte zeigt, dass Präventionsangebote für Schüler:innen nicht ausreichen.

Schon gewusst? 

Als größte Herausforderung im Beruf nehmen Lehrkräfte laut dem Schulbarometer 2024 mit 35% das Verhalten der Schüler:innen wahr (Robert-Bosch-Stiftung 2024). Diese Herausforderung wird auch größer als die gesamte Arbeitsbelastung und der Personalmangel eingeschätzt.
Laut dem Schulbarometer 2024 gehört auch Gewalt unter Schüler:innen mit zu den stärksten Stressoren für Lehrkräfte (Robert-Bosch-Stiftung 2024).

Präventionsarbeit auf allen Ebenenen 

Fachleute sind sich einig: In der Gewaltpräventionsarbeit muss der Mehrebenenansatz berücksichtigt werden (vgl. Olweus 1996). Daher bieten wir seit 2019 auch schulinterne Lehrkräftefortbildungen an. Nach kurzer Zeit realisierten wir jedoch, dass das fachliche Wissen in der Zusammenarbeit mit Lehrkräften allein nicht ausreicht, um echte Veränderungen herbeizuführen. Immer wieder zeigten uns konkrete Beispiele aus dem Schulalltag wie das von Sina, dass es strukturelle Grenzen im Schulsystem sind, die Gewaltprävention erschweren.

Grenzen in der Dokumentation 

Bei meinen Schulbesuchen fällt mir häufig auf, wie oft Vorfälle nicht dokumentiert und auch zu spät erkannt werden. Dabei ist eine lückenlose Dokumentation nicht nur eine rechtliche Notwendigkeit, sondern auch eine pädagogische Grundlage, um fundierte Entscheidungen über unterstützende Maßnahmen zu treffen. Auch das in Fortbildungen vermittelte Know-how stößt hier an Grenzen: Eine lückenlose Dokumentation von Vorfällen ist die Grundvoraussetzung, damit entsprechende Unterstützungsangebote überhaupt bedarfsgerecht gemacht werden können. Diese Grenze lässt sich nicht nur mit Zeitmangel erklären, sondern oft auch mit dem Fehlen von Strukturen, die es den Lehrkräften ermöglichen würden, ihre Beobachtungen zeitnah und umfassend festzuhalten.

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